Teure Fehler beim Unternehmensverkauf.

Unternehmensverkauf: Vermeiden Sie unbedingt diese sieben Todsünden!

Apropos, sägen: Als wir letztes Jahr unverhofft umgezogen sind, war unser neues Wohnzimmer zu klein für das erst wenige Monate zuvor erstandene Sofa, auf dem im alten Haus alle 5 Familienmitglieder bequem Platz hatten. Zwei Polsterer kamen vorbei, um sich anzuschauen, ob das Sofa umgearbeitet werden könnte.

„Das geht nicht“ hörte ich auch das zweite Mal, was mich wild entschlossen machte, das Gegenteil zu beweisen. Heute haben wir ein passendes Sofa (ich habe es auseinandergesägt und gekürzt zusammengesetzt) und auf den ersten Blick bzw. beim Gebrauch kommt keiner auf den Gedanken ein Laie hätte hier Hand angelegt.

Die Möglichkeit das Sofa komplett zu zerstören und unbrauchbar zu machen hatte ich einkalkuliert und mir dieses Risiko von meiner Frau abnehmen lassen, bevor ich zur Tat geschritten bin. Hätte ich einen willigen Profi gefunden, wäre für mich die Inanspruchnahme seiner Hilfe keine Frage gewesen.

Das fertige, um die Hälfte gekürzte Sofa

Geschafft: zersägt, gekürzt, getackert und verschraubt.

Geht nicht, gibt’s nicht, gilt auch für den Unternehmensverkauf in Eigenregie. Wer jahrzehntelang sein Unternehmen aufgebaut hat, traut sich auch die kaufmännische Expertise und das Verhandlungsgeschick für den Verkauf der Firma zu. Schließlich sind Unternehmer Macher und haben keine Angst vor Herausforderungen. Doch nicht umsonst ziehen Serial Entrepreneurs, die ihr Unternehmen selbst veräußern, beim zweiten Mal lieber eine professionelle Begleitung hinzu.

Kaum ein Unternehmer würde auf die Idee kommen, seine eigenen Gerichtsverfahren verteidigen und Steueroptimierungen ausfuchsen zu wollen. Bei der einen, möglicherweise wichtigsten Transaktion des Lebens, dem Unternehmensverkauf, sollte man möglichst Fehler vermeiden und das Ziel im Auge haben: Die geringsten Risiken durchzusetzen, den besten Preis und andere wichtige Zugeständnisse (variieren von Verkäufer zu Verkäufer) vom Käufer zu erhalten.

Für Kleinunternehmer mag der Unternehmensverkauf in Eigenregie die richtige Wahl darstellen, denn die auszuschöpfenden Potentiale im Unternehmensverkauf sind gering, ebenso wie die Nachfrage. Für Unternehmer mit profitablen Betrieben ab ca. 10 Millionen Euro Transaktionswert aber, ist ein unbegleiteter Unternehmensverkauf in der Regel wesentlich teurer als die Vergütung für die Profis.

Hier nun aber die sieben Todsünden im Unternehmensverkauf, die es unbedingt zu vermeiden gilt:

1 – Mit fehlenden Dokumentationen in den Prozess einsteigen oder unfertige Dokumentationen weitergeben
Wenn Verkäufer meinen, es wäre ausreichendes Interesse für den Unternehmensverkauf vorhanden, ist der Deal schon halb gewonnen. Denn der Käufer versteht schon, dass nicht alles hundertprozentig dokumentiert ist. Es ist doch klar, dass ein Unternehmen dieser Größe keine Prozesse vorhält, so wie es multinationale Konzerne tun. Vielleicht wurde sogar vom Interessenten zugesichert, dass das so schon okay wäre und man dieses vom Mittelstand gewohnt sei.

Das Problem ist, dass irgendwann im Prozess aber genau diese Unzulänglichkeiten zum Vorteil verwendet werden. Dann nämlich verbeißen sich die Anwälte und Prüfer der Gegenseite darin und die Dinge werden plötzlich aufgebauscht und können nur durch große Wertabzüge akzeptiert werden. Ein Schelm, wer denkt, dass dies eine Taktik sein könnte …

Die Lösung: Gut dokumentierte Prozesse, fertiggestellte Unterlagen und aussagekräftige Strategien helfen dem Verkäufer, den Prozess des Unternehmensverkaufs zu beschleunigen und Werte zu sichern.

2 – Käufer sequenziell ansprechen und den Aufwand eines kompetitiven Prozesses vermeiden
Dies ist einer der häufigsten und fatalsten Fehler, die selten als solche erkannt werden. Würde man Unternehmer fragen, ob Sie auch bereit wären, vorab auf 30 Prozent oder mehr des Verkaufspreises zu verzichten, würden einem sicher viele den Vogel zeigen. Im gleichen Atemzug aber finden sie es völlig in Ordnung, sequenziell potenzielle Käufer anzusprechen. Die Hoffnung ist: Vielleicht ergibt sich ja eine Lösung durch das Gespräch mit dem favorisierten Käufer von selbst. Der Verkauf läuft dann ohne viel Aufsehen, keiner im Betrieb bekommt es mit. Eine Beratung für den Verkaufsprozess zum Unternehmensverkauf ist dann auch nicht mehr notwendig, man spart Geld. Klingt toll.

Das Problem ist, dass dies in 99 Prozent der Fälle aber nicht funktioniert. Das Fehlen eines kompetitiven Prozesses im Unternehmensverkauf, die Unkenntnis über den tatsächlich erzielbaren Unternehmenswert, unzureichende Verhandlungsexpertise und zahlreiche Fallen, die im weiteren Prozessverlauf von der Gegenseite gestellt werden, verhindern die Ausschöpfung der vorhandenen Werte. Leider – oder glücklicherweise – werden die Gesellschafter sich selten bewusst, wie viel sie auf dem Tisch haben liegen lassen.

Die Lösung: Mögliche Interessenten sollten vor Beginn des Unternehmensverkaufs identifiziert werden, um dann gemeinsam angesprochen werden zu können.

3 – Den Prozess des Unternehmensverkaufs von der Gegenseite managen lassen
Wer führt gewinnt. Das ist so und wird tagtäglich aufs Neue bewiesen. Wer aber nicht genau weiß, was als nächstes kommt, wie die Zwischenschritte aussehen und wie man welche Ziele erreichen muss (und zu welchem Zeitpunkt), kann nicht führen. Überlassen Verkäufer den Prozess des Unternehmensverkaufs der anderen Partei, haben sie bereits verloren.

Das Problem ist, dass es nicht ausreicht, ein paar M&A-Artikel zu lesen oder Checklisten zu folgen. Hier benötigt man jemanden an seiner Seite, der täglich kommerzielle Aspekte verhandelt und um die M&A-Mechanismen weiß, die Maximalziele ermöglichen.

Die Lösung: Wer partout keine aktive Begleitung wünscht, sollte sicherstellen, dass er jederzeit bestimmt, was als Nächstes geschieht und sich der folgenden Schritte sicher ist. Fachliteratur oder Coaching von Experten kann dabei unterstützen.

4 – Den Vertrag von der Gegenseite schreiben lassen
Ist der Vertrag vom gegnerischen Anwalt verfasst, dürfen Sie davon ausgehen, dass er zugunsten seines Auftraggebers geschrieben ist und dies nicht nur in ein oder zwei Punkten! Die erste Version wird immer einseitig verfasst sein. Bedenken Sie: es bleiben höchstwahrscheinlich mehr von den anfänglichen Positionen übrig, wenn Ihr Anwalt die erste Version stellt.

Das Problem ist, dass dieser sogenannte Ankereffekt fast immer funktioniert. Sie werden stets näher um Initialformulierungen herum argumentieren. Die ersten Formulierungen und Forderungen sind im Hirn bei beiden Parteien fest verankert.

Die Lösung: Verkäufer sollten insbesondere auch in Vertragsangelegenheiten bei Unternehmensverkäufen das Zepter in die Hand nehmen und professionelle M&A-Anwälte einbinden, die das Transaktionsteam stärken.

5 – Keine Klarheit über die Werte bzw. den Unternehmenswert vor Prozessbeginn haben
Wenn der Unternehmer nicht weiß, wie sich die Annahmen rund um seinen Businessplan auf den Wert der Firma auswirken, hat er schlechte Karten in den Diskussionen um zukünftige Ziele und deren Preis-Impact. Haben Sie schon eine DCF Bewertung gemacht und diesen im „Football Field“ mit den anderen Bewertungsmethoden abgeglichen, um Rückschlüsse auf den realistischen Wert Ihres Unternehmens zu ziehen?

Das Problem ist, dass jeder Unternehmer seinen Businessplan und dessen Effekte auf die Unternehmensbewertung verteidigen können muss. Nicht selten werden solche Diskussionen mit dem potenziellen Käufer hitzig geführt und man muss die Excel-Bewertungen und die dahinter liegenden Annahmen nutzen, um seine Preisvorstellungen zu verteidigen. Ist dies bei Ihnen nicht der Fall, verkaufen Sie Ihr Unternehmen eventuell zu billig.

Die Lösung: Um eine professionelle Bewertung erstellen zu lassen, müssen Sie nicht zwingend einen M&A-Berater für den gesamten Prozess engagieren. Jemand mit spezifischer Kenntnis beim Unternehmensverkauf sollte die Bewertung aber schon durchführen, denn auch die benötigt ausreichend Erfahrung, um vor prüfenden Augen bestehen zu können.

6 – Glauben, dass man immer freundlich sein und den Bitten des Käufers stets nachkommen muss
Wenn alles harmonisch läuft und die Stimmung gut ist, ist der Erfolg einer M&A-Transaktion wahrscheinlicher. Glauben Sie das? Dann liegen Sie fasch!

Das Problem ist, dass wenn es zu harmonisch abläuft, etwas nicht stimmt. Zum Unternehmensverkauf gehört auch eine gehörige Portion an emotionalem Schlagabtausch. Wer vor Verstimmungen zwischen den Parteien Angst hat und glaubt, dass er die Beziehung am besten alleine managen kann, der irrt. Denn als Verkäufer ist man stark emotional involviert. Und es gilt: „When emotions rise, intelligence drops!

Die Lösung: Verkäufer müssen akzeptieren, dass sie für ihre Werte beim Unternehmensverkauf kämpfen müssen. Auch und insbesondere beim Unternehmensverkauf mit bereits bekannten Parteien. Vergessen Sie die Harmonie für die Dauer der Verhandlung des Preises und der Vertragskonditionen. Nach den Verhandlungen können Sie sich wieder wie gewohnt darum bemühen.

7 – Ohne Optimierung von Prozessen und Unternehmensstrategie in den Prozess einsteigen
Immer wieder zeigt sich bei M&A-Projekten, dass der Verkäufer zwar sein Geschäft beherrscht, aber nicht den notwendigen Blick des Käufers hat. Ein Investor kauft nicht aufgrund der historischen Umsätze und Profite, sondern aufgrund dessen, was er glaubt, in der Zukunft realisieren zu können. Diese Punkte müssen klar verständlich, logisch, konsistent und realistisch übermittelt werden können.

Das Problem ist, dass in einer hohen Anzahl der Unternehmensverkäufe, die Unternehmer anfänglich weder die Unternehmensstrategien noch die internen Prozesse so abgebildet und gelebt haben, dass der Käufer genügend Vertrauen darin fassen kann. Jede Unzulänglichkeit wird jedoch mit Risiken vom Käufer belegt, und der Wert sinkt bis zu dem Punkt, an dem ein potenzieller Käufer abspringt. Dies gilt nicht nur für Prozesse und Strategien, sondern für alle Fragen und Antworten, die im Rahmen der Due Diligence ausgetauscht werden.

Die Lösung: Due-Diligence-Management ist mehr als nur das Austauschen von Dokumenten und sensitiven Informationen. Gut gemanagt, werden die Informationen taktisch verteilt und derart aufbereitet, dass der Empfänger sie richtig versteht. So wird Missverständnissen vorgebeugt, werden Interessen geleitet sowie Klarheit und Sicherheit im Unternehmensverkauf erzeugt.

Fazit:
Nur einer der 7 Fehler reicht aus, um sich den Ast abzusägen, auf dem man sitzt. Gründliche Vorbereitung, die Schaffung kompetitiver Prozesse, unbedingter Führungs- und Erfolgswille, ausgefeilte Verhandlungsstrategie und die Zuhilfenahme fachlicher Unterstützung, sind die möglicherweise wichtigsten Erfolgstreiber beim Unternehmensverkauf.

PS: Ich habe die Bodenabschlussleiste des Sofas auf dem gekürzten Stück bis heute nicht montiert, denn dafür hätte ich das Sofa nochmals aushängen müssen. Was soll ich sagen, wo ein Wille ist, da sollte kein Sofa sein…

Der erste Schritt beim Unternehmensverkauf ist die Vorbereitung. Hier das Woorkbook: In 5 Schritten Deinen Unternehmensverkauf vorbereiten. Wie Du einen fairen Preis für Dein Unternehmen erhältst.

Stephan Jansen