Reden wir mal Klartext: Wir erwarten, dass die Mitarbeiter das machen, was wir wollen. Am liebsten auch noch voller Initiative, Energie und mit tollen Ideen, wie sich unsere Ziele schneller und besser erreichen lassen.

Damit das klappt, bieten wir unserem Team nette Kollegen, klare Aufgaben, einen kompetenten Ansprechpartner, jeden Morgen ein freundliches Lächeln, reduzierte Mitgliedschaften im Fitnessstudio um die Ecke und natürlich ein angebrachtes Gehalt.

Das reicht doch, oder?

In normalen Zeiten mag ein solcher Plan aufgehen und die Angestellten ausreichend motivieren eine akzeptable Leistung abzuliefern. Was aber passiert in Veränderungssituationen wie Krisen, nach Fusionen und Mergern und bei der Umsetzung der neuen Unternehmensstrategie? Dann reicht das „Day-To-Day-Management“ plötzlich nicht mehr aus und wir müssen unser Führungsverhalten neu ausrichten, um der aktuellen Situation Rechnung zu tragen.

Für Veränderungsprojekte gilt: Nur wenn es sich für sie lohnt, werden die Mitarbeiter den komfortablen Zustand des bekannten, etablierten Systems verlassen.

Gewohnheiten und operative Abläufe haben sich tief in die DNA des Unternehmens eingeschliffen. Von den Mitarbeitern zu erwarten, sich aus dieser Komfortzone herauszubewegen, ist vertretbar und notwendig – aber zu denken, dass dies ohne Widerstand geschieht, wäre naiv.

Dabei muss der Widerstand nicht einmal aktiv und bewusst geschehen. Auch wenn die neuen Verhaltensregeln und Ziele der Änderungsmaßnahmen besprochen und verstanden sind, werden die richtigen Verhaltensweisen im Alltag unbewusst umgangen oder schlicht vergessen. Es gibt aber auch bei jedem Change-Projekt Mitarbeiter, die sich bewusst gegen Neuerungen und Veränderungen sperren. Ein solches Verhalten darf nicht geduldet werden.

Es stellen sich daher die Fragen: „Wie kriegen wir alle Mitarbeiter, auch die Verweigerer, ins Boot? Und wie sorgen wir dafür, dass die Veränderungsmaßnahmen unternehmensweit umgesetzt werden?“

Angestellte werden vor allem dann geneigt sein, sich aus der Komfortzone zu bewegen, wenn die Anreize dies entsprechend unterstützen. Die Anreizsysteme müssen deshalb zwingend angepasst werden und die neue Situation und Ziele abbilden. Viele Manager denken jetzt sofort an Boni für die Change-Umsetzung. Falsch ist das nicht, und wesentlich besser, als allein auf Appelle an die Belegschaft zu setzten.

Doch Vorsicht: Wer allein auf monetäre Anreize setzt, hat nicht verstanden, worum es geht. Kultur kommt niemals nur durch Geldverteilen zustande.

Es geht darum, neue Rituale zu schaffen und neue Prozesse zu etablieren, die dann zu neuen Gewohnheiten werden. Um solche Änderungen zu erreichen, braucht es Motivation. Motivation aber ist nicht käuflich, wie Frederick Herzberg in „One more time. How do you motivate employees?“ wunderbar zeigen konnte.

Motivation erreichen Führungskräfte dann, wenn sie Verantwortung abgeben und auch einfordern – wenn Mitarbeiter befähigt werden und ihnen ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit gewährt wird. Nur so können die Mitarbeiter aus sich herauswachsen und dazulernen, sich weiterentwickeln. Das ist es, was die meisten von uns antreibt. Entwicklung tut gut, fördert den Stolz und das Selbstbewusstsein. Letzteres sind sogenannte Motivationsfaktoren. Steigern Sie die Motivationsfaktoren, steigert sich die Motivation und Produktivität sowie das Engagement in Ihrem Unternehmen.

Micro-Management, Kontrolle und Vorgaben bewirken das Gegenteil. Status, Gehalt, Work-Life-Balance und das soziale Miteinander sind lediglich Hygienefaktoren. Solche Faktoren müssen eine gewisse Basis haben, die als positiv empfunden wird (sprich: Umfeld und Gehalt müssen einfach stimmen). Eine Erhöhung dieser Faktoren über diese Basis hinaus aber führt nicht zu mehr Motivation.

Wissen ist Macht, aber allein dadurch wird noch nichts gemacht. Auch Änderungs-Programme müssen umgesetzt werden. Die richtige Implementierungsmethodik entscheidet ebenso über Erfolg und Misserfolg wie das Heranziehen motivierender Faktoren.

Mein Tipp an alle Manager und Führungsverantwortlichen in Veränderungsprojekten ist daher: Stellen Sie Anreizsysteme nicht nur neu auf, sondern wenden Sie diese auch konsequent an. Wer nicht im Sinne des Change-Projektes agiert, wird sanktioniert. Wer seine Change-Ziele nicht erreicht, der wird auch nicht belohnt. Und wenn die Ziele von keinem erreicht wurden, dann ist das so. Möglicherweise lag das auch an unzureichendem Management, fehlender inspirierender Bilder und Kommunikation – und Sie streichen sich auch Ihren Bonus! Für die allgemeine Motivation wäre auch dies das Richtige.

Fazit:
Wenn Sie nicht grundlegende Änderungen in Ihrem Anreizsystem machen, die zu nachhaltigem Veränderungsverhalten führen, unterstützen Sie die internen Widerstände zur Veränderung. Ohne Veränderung aber wird es nichts Neues geben. Mit entsprechender Führung, Motivation und Implementierungsgeschick gelingen Veränderungsprogramme und das Schaffen einer neuen Unternehmenskultur.

Zum Artikel: Die Änderung von Unternehmenskulturen nach einem Merger sind weiterhin ein ungelöstes Mysterium – so mag man glauben, wenn man die Vielzahl an Literatur, Artikeln und Neuerscheinungen hierzu betrachtet. Ich denke, das ist übertrieben. Sicherlich sind große Kultur-Projekte nach Megamergern ganz besondere Herausforderungen, aber viele meiner Kunden denken in wesentlich kleineren Maßstäben. Auch dann ist Unternehmenskultur ein ernstes Thema, dem man sich stellen muss, aber es geht auch pragmatisch, praktisch und trotzdem gut, wenn man ein paar Dinge beachtet. Diese will ich mit dieser Serie ansprechen.